Sonntag, 2. November 2008

Altstadt von Riga

Freiheitsdenkmal von Riga (1931-1935 errichtet): unter sowjetischer Herrschaft streng bewacht, aber erhalten geblieben
Russisch-Orthodoxe Kathedrale in Riga

Altstadt von Riga

Altstadt von Riga
Deutsche Botschaft Riga

Schwarzhäupterhaus in Riga bei Nacht: der Schutzpatron eines Bundes von ausländischen, jungen Kaufleute (die in diesem Wahrzeichen von Riga zusammenkamen) war der Heilige Mauritius, dessen Symbol ein Mohrenkopf war, daher der Name "Schwarzhäupterhaus"

Auf dem Weg zum jüdischen Gottesdienst

Am Strand von Pärnu: die Ostsee heißt auf Estnisch übrigens "Läänemeri" (="Westsee")

v.l.: Valentina,Cecile, ich, Leonie und Inga auf der Aussichtsplatform der Petrikirche

Sonnenuntergang über Riga - photographiert aus der Skylinebar (26. Stock)

Blick über Riga & Daugava (Fluss): im Hintergrund der Fernsehturm

Blick über Riga

Riga: Domplatz

In der "French Bar"

Der Präsident von Estland: Toomas Hendrik Ilves


Beerdigung von Jaan und Alice Lattik


Die Russisch-Orthodoxe Kirche Viljandis von Innen...


... und von außen.

Oktober - Vierter Teil: Riga & Pärnu

RIGA!!!

DAS BESTE ZUM SCHLUSS: Ich war in Riga… und ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll zu erzählen. Riga ist einfach nur wunderschön und wirklich sehenswert. Nach ein paar Wochen in unserem kleinen, aber gemütlichen Viljandi, könnt ihr euch gar nicht vorstellen wie man sich in so einer Stadt (immerhin die größte im Baltikum fühlt). Ich hatte zum ersten Mal nach meiner Abreise aus Deutschland wirklich wieder das Gefühl in einer Großstadt zu sein: Riga ist ja dann noch mal um einiges größer als Tallinn. Die Idee nach Riga zu fahren hatten wir an einem Donnerstagabend: Mareike (eine andere deutsche Freiwillige) rief uns an und fragte uns, ob wir nicht Lust hätten am nächsten Tag mit Valentina (italienische Freiwillige aus Viljandi), Thomas (französische Freiwilliger aus Viljandi), Celie (französische Freiwillige aus Tallinn), Caroline (belgische Freiwillige aus Voru – Südestland) und Leonie (deutsche Freiwillige aus Voru – Südestland, www.viva-estonia.blogspot.com) nach Riga zu fahren. Wenige Stunde später saßen wir dann im Bus und kamen gegen 23 Uhr in Riga an. Und ich sage euch: Riga ist bei Nacht ein absoluter Traum. An eine der Brücken hängt eine blaue Lichterkette, die sich dann in der Daugava (Fluss) spiegelt und die Stadt an sich hat einfach nur Flair. Wir haben dann in einem 12-Betten-Zimmer in einem Hostel (Herberge) in der Altstadt unser Gepäck abgegeben und sind dann erstmal in die „French Bar“ („Französische Bar“) gegangen. Und es war glaube ich bis jetzt der schönste Abend bzw. die schönste und lebendigste Nacht^^ den ich bisher hier hatte… es gab schon viele sehr schöne Abende, aber diese Nacht in Riga werde ich so schnell nicht vergessen. Und diese Nacht war der beste Beweis dafür, dass man auch ohne Alkohol Spaß haben kann, wenn man mit den richtigen Leuten zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Ich trinke nämlich immer noch keinen Alkohol (außer den Wein in der Kirche), obwohl die Esten und wohl auch die Letten sehr gerne anstoßen.
Am nächsten Morgen wollte ich dann zur Synagoge. Die dann aber gerade renoviert wurde und ich einmal quer durch die Stadt zur Talmudschule (wo der Gottesdienst dann statt fand) gelaufen bin (vorbei am Freiheitsdenkmal, der deutschen Botschaft, russisch-orthodoxen Kirche… Photos siehe unten). Nach ein paar Viertelstunden habe ich dann auf der Straße vier orthodoxe Juden gesehen. In Deutschland war ich ja eigentlich immer in der liberalen jüdischen Gemeinde, habe aber kaum „orthodoxe“ Juden kennen gelernt. Ich habe mit ihnen dann erstmal ein bisschen über das Judentum in Lettland geredet und mir erklären lassen, dass sich die jüdische Gemeinde bzw. das jüdische Gemeindeleben in Lettland (das sich vor allem auf Riga konzentriert) gut entwickelt und sehr von der Chabad- Bewegung (chassidisch orthodoxe Form des Judentums) geprägt ist… kurz gesagt: ich bilde mich hier fleißig weiter!  Beim Gottesdienst habe ich dann auch jemanden getroffen, dessen Sohn Rabbiner in Düsseldorf ist. Ich musste dann nur auch bald wieder zurück, weil ich mir mit den anderen Freiwilligen auch noch die Stadt ansehen wollte. Die Photos seht ihr unten. Das Wetter hat dann auch noch mitgespielt. Am Abend sind wir dann noch zu einem (sehr) kleinen lettisch-litauisch-estnischen Volkstanzfestival im Gebäude der Technischen Universität von Riga gegangen… haben dort bis 1Uhr getanzt und natürlich ganz viel Spaß gehabt(siehe Video unten) und sind am nächsten Morgen dann auch wieder zurück nach Viljandi gefahren. Da wir unser Anschlussbus in Pärnu ein paar Stunden später kam, sind wir dort noch kurz zur Ostsee gegangen um unsere Füße ins eiskalte Wasser zu stellen und uns danach noch die (am Sonntag ziemlich ausgestorbene, obwohl viertgrößte Stadt Estlands) Altstadt anzuschauen. Pärnu ist die Sommerhauptstadt Estlands und hat die typische Ostseebad-Architektur… wirkt im Herbst nur nicht ganz so attraktiv.

Oktober - Dritter Teil

Deutscher Gottesdienst, Treffen mit dem Estnischen Präsidenten be der Beerdigung von Jaan Lattik, Mitarbeit in der Kirchengemeinde, Russen in Viljandi

Am Samstag hab ich dann den Präsidenten von Estland getroffen. Ich hab ihm nicht nur getroffen, sondern sogar die Tür aufgehalten.  Das ganze kam so: Gestern wurden bei uns in Viljandi ein Mann namens Jaan Lattik und seine Frau Alice Lattik beerdigt. Jaan Lattik war Pastor, Schriftsteller und estnischer Außenminister von 1928 bis 1931 und lebt während der sowjetischen Besatzungszeit im schwedischen Exil, wo er 1967 auch starb. Sein Leichnam wurde nun nach Estland überführt. Die Zeremonie fand in der Pauluskirche statt, wo mein Mentor (der für das Jahr hier in Estland als mein zuständiger Ansprechpartner für so ziemlich alles fungiert) Pastor ist. Das ganze war ziemlich feierlich und estnisch: Studenten standen neben dem Sarg mit der Estlandfahne, Militäroffiziere, mehr als sieben Pastoren aus den umliegenden Gemeinden, Bildungsminister und eben der estnische Präsident… ich habe mich dann in die letzte Reihe gesetzt und gesehen, dass die Haupttüren zur Kirche aufgemacht wurden. Eine der Türen ist dann aber wieder zugefallen und ich hab sie dann wieder aufgemacht, woraufhin mich der eine gebeten hat, die Tür einfach weiter aufzuhalten. Und dann kam plötzlich der Präsident. Noch nicht mal zwei Monate in Estland und schon den Präsidenten gesehen… Unten sind ein paar Photos.
Ich mache jetzt übrigens auch im Konfirmandenunterricht der Pauluskirche mit, um weiter fleißig Estnisch zu lernen. Mein Mentor, der ja auch gleichzeitig mein Pastor ist, meinte, dass ich demnächst auch gerne im Gottesdienst mithelfen kann (Bibeltext vorlesen & Co.). Wenn ich möchte, kann ich bald vielleicht sogar das Abendmahl austeilen: den liturgischen Teil macht er natürlich weiterhin, ich würde dann eben das Brot und den Wein austeilen und was auf Estnisch dazu sagen. !!! Mein Pastor, er heißt übrigens Mart Salumäe, ist unglaublich gemütlich, nett, kommunikativ, humorvoll und hilfsbereit. Neulich hat er versucht, mit dem russisch-orthodoxen Priester hier in Viljandi eine Zusammenarbeit in die Wege zu leiten, aber der russisch-orthodoxe Priester wollte leider nicht. Neulich habe ich dann auch mal die russisch-orthodoxe Kirche bzw. kleine Kappelle besucht… der Raum war ziemlich düster und die Atmosphäre nicht gerade entspannt (der Priester hat mich die ganze Zeit – wie ich finde ziemlich misstrauisch – beobachtet). So schnell werde ich dort auf jeden Fall nicht mehr hingehen.
Ganz nebenbei bemerkt: Die Bevölkerung Estlands besteht zu gut einem Drittel aus Russen. Hier in Viljandi wohnen aber nur sehr wenig Russen und ich höre eigentlich auch nur Estnisch. In Tallinn und Nordostestland ist es hingegen ganz anders: dort gibt es dann auch mal Städte und Orte, die zu gut 80 / 90% von Russen bewohnt werden. Das hängt damit zusammen, dass man während der Russischen Besatzungszeit sehr viele Russen im Nordosten Estlands angesiedelt hat (das ganze nennt sich „Russifizierung“). Der Nordosten Estlands ist sehr stark von der Industrie geprägt und es wird auch heute noch dringend davon abgeraten, Wasser aus den dortigen Seen zu trinken. Eine ehemalige Freiwillige, die bereits in Narva (im Nordosten Estlands, drittgrößte Stadt von Estland) war, erzählte, dass sie in der Bäckerei nicht einmal ein Brötchen auf Estnisch bestellen konnte, weil die Bäckerin nur Russisch sprach bzw. Russisch sprechen wollte. Ich werde demnächst noch deutlich mehr darüber schreiben, weil es ja auch kein unwichtiges Thema ist: in Tallinn gab es im letzten Jahr zwischen Russen und Esten auch Straßenkrawalle mit einem Toten… aber ich glaube, ich weiß bis jetzt noch zu wenig darüber.
Jetzt aber wieder zur Überschrift zurück: letzten Sonntag waren wir beim deutschen Gottesdienst hier in Viljandi. Es waren zwar gerade einmal elf Leute da (inkl. uns drei Freiwilligen und dem noch sehr jungen Pastor), aber beim Kaffeetrinken danach wurden wir von einer Urgroßmutter eingeladen, mit ihr Weihnachten zu feiern. Zwei derjenigen, die kamen, kommen ursprünglich aus dem Rheinland, und sind nach der Wende als Landwirte hierher gekommen. Sie wissen noch nicht, ob sie für immer hier bleiben wollen, weil sie auch noch Familie in Deutschland haben. Der Schleswig-Holsteiner wiederum kann seine Familiengeschichte bis auf eine im Mittelalter sehr bekannte deutsche Familie in Estland zurückverfolgen. Zu den so genannten Deutschbalten schreibe ich im Laufe des Jahres bestimmt auch noch einmal was. Der deutsche Pastor ist nicht nur für Viljandi, sondern auch für ganz Estland zuständig und arbeitet nebenbei auch noch als Lehrer für Deutsch und Philosophie in Tallinn. Der deutsche Gottesdienst findet hier in Viljandi zwar nur einmal im Monat statt, an den anderen Sonntagen gibt es dann aber noch deutsche Gottesdienste in Tallinn oder Tartu.

Oktober - Zweiter Teil

CVJM


Vorgestern war wieder einmal Jugendabend bzw. CVJM-Treff, der jeden Freitagabend ab 19 Uhr in der Johanneskirche stattfindet - gestern sind wir dann auch erst um 0:30 Uhr wiedergekommen. Unsere erste estnische Freundin (Musikstudentin an der Kulturakademie hier in Viljandi), die wir auf dem Geburtstag einer italienischen Freiwilligen kennen gelernt hatten, hatte uns das erste Mal eingeladen und seitdem gehen wir eigentlich jeden Freitag dahin und werden das wohl auch die nächsten Monate tun. Am Anfang singen wir immer ein paar Lieder aus dem Jugendgesangbuch, reden über eine Bibelstelle und gestalten den Rest des Abends relativ eigenständig. Manche gehen dann vom Jugendraum im Keller rauf in den eigentlichen „Kirchenraum“ um sich ans Klavier zu setzen und ein paar (Gospel-)Lieder zu singen. Dass die Esten gut singen können, hatte ich ja schon in ein paar Reiseführern und Ähnlichem gelesen. „Gut singen“ ist aber für das wozu diese Jugendlichen im Stande sind eine starke Untertreibung: und hier kann eigentlich jeder (auch ohne Gesangsunterricht) singen. Wer oben nicht mitsingt oder sich einfach nur dazusetzt, kann man im Kellerraum spielen, reden, Kerzen oder – wie zum Beispiel vorgestern – Gipsabdrücke von Händen, Ohren, Nasen machen.

Normalerweise übersetzt uns Kalmer (der Jugendleiter, der ein Jahr lang auf einer Bibelschule in Norwegen war) das, was er auf Estnisch gesagt hat noch mal ins Englische, aber vorgestern haben wir es sogar auf Deutsch übersetzt bekommen. Die ca. 24-jährige Leiterin des Gospelchores der Johanneskirche war da: Sie war Au- Pair in Mecklenburg-Vorpommern und spricht wirklich perfekt Deutsch. Wir werden dann auch zum Gospelchor gehen, nachdem wir jetzt erstmal im Kirchenchor der Pauluskirche (wo wir eher traditionelle Kirchen- und Volkslieder singen) mitmachen. Die Leiterin des Gospelchores wohnt uns quasi fast gegenüber und ist – wie die anderen Jugendlichen beim Jugendabend auch – unheimlich nett. Die Esten wie ich sie bisher kennen gelernt habe, haben eine unendlich spontane, gemütliche, humorvolle und natürliche Art. Ich weiß, ich hab euch das bestimmt schon einmal geschrieben, aber ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie sehr ich mich freue so viele nette Leute kennen zu lernen. Und die Gespräche sind in der Regel dann auch alles andere als oberflächlich, sondern in der Regel sehr ehrlich und persönlich. Kurz vor dem (offiziellen) Ende beten wir dann gemeinsam und singen noch ein wenig. Und diese Gemütlichkeit färbt langsam auf mich ab, zumindest hab ich das Gefühl, dass ich selbst um einiges gelassener werde. Vor allem aber lerne ich langsam meine freie Zeit zu genießen und auch mal nichts zu machen. Lerne aber natürlich weiter fleißig Estnisch: Hab vorgestern sogar was auf Estnisch über die Bibelstelle sagen können, die wir beim Jugendabend gelesen haben. Zur Sprache später noch mehr.

Oktober - Erster Teil

Tere ohtust!

Das ist estnisch für „Guten Abend“… zu aller erst möchte ich mich bei euch entschuldigen, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Eins vorweg: Mir geht es immer noch sehr, sehr gut und ich kann euch gar nicht sagen wie glücklich bin, nach den ersten knapp zwei Monaten in Estland sagen zu können, dass ich das Gefühl habe, mit Estland und meinem Projekt und allem anderen drum herum die völlig richtige Entscheidung getroffen zu haben! Ich bin gerade auf meinem ersten Seminar „on-arrival-training“ in Viinistu, einem Dorf in Nordestland. Bis Donnerstag werden wir 30 Freiwilligen (darunter viel zu viele Deutsche, Franzosen, Belgier, Mazedonier, Armenier, Polen, Österreicher, Spanier, Italiener, Brasilianer, Ungaren…) uns dann mit unserem "Europäischen Freiwilligendienst / EVS" beschäftigen. Da wir abends genug Zeit haben auch mal eine email zu schreiben und es natürlich auch hier Internet gibt, werde ich versuchen, euch auf den neusten Stand von meinen Erlebnissen hier in Estland (und mittlerweile auch in Lettland) zu bringen.

Da ich im letzten Monat sehr viel erlebt habe, habe ich das ganze in Kapitel aufgeteilt.

1: CVJM

2: deutscher Gottesdienst in Viljandi, Treffen mit dem estnischen Präsidenten bei der

Beerdigung von Jaan Lattik

3: Tag: Riga & Pärnu

4: Tag: meine Arbeit und Sonstiges

ALLE PHOTOS UND DIE EMAIL FINDET IHR AUCH AUF MEINEM BLOG:
www.binbaldwiederda.blogspot.com